Lehrerarbeit muss mehr gewürdigt werden
Lehrerarbeit
muss mehr gewürdigt werden
An einer New Yorker
Schule verdienen Lehrer so viel wie Topmanager: bis zu 150.000 Dollar, weit
über dem normalen Pädagogengehalt der USA. Im folgenden Interview erklärt der Schulgründer
Zeke Vanderhoek, was gute Lehrer ausmacht und wie er das
Bildungssystem verbessern wird. (Auszugsweises Zitat)
SPIEGEL ONLINE: Mr. Vanderhoek, wie viel ist ein Lehrer wert?
Vanderhoek: Sicherlich mehr als 125.000 Dollar, also mehr als das,
was wir ihm zahlen. Die 125.000 sind viel, aber immer noch nicht so viel wie in
manchen anderen Berufen. Den Wert eines
hervorragenden Lehrers kann man nicht auf eine Zahl reduzieren.
SPIEGEL ONLINE: Trotzdem sind 125.000, plus 25.000 Dollar Bonus bei
besonderen Erfolgen, mehr als doppelt so viel, wie in New York ein gewöhnlicher
Lehrer an einer öffentlichen Schule verdient. (…)
Vanderhoek: Es war die höchste Summe, die ins Budget passte. Unsere
Schule ist eine öffentliche und bekommt das gleiche Geld wie alle anderen. Wir
aber geben fast alles für Lehrer aus und streichen viele Dinge, vor allem
andere Jobs. Wir haben kaum Leute in der Schule, die keine Lehrer sind. Eigentlich wollte ich das Gehalt noch viel
höher ansetzen, bei 200.000 Dollar.
SPIEGEL ONLINE: Ist denn mehr Geld für Lehrer die Lösung für ein
schlechtes Schulsystem?
Vanderhoek: Nein, gute Lehrer sind die Lösung. Das Geld ist für
mich ein Mittel, um Talente
anzuziehen. Es ist wie in jedem Beruf: Arbeit muss gewürdigt werden. Und in
unserer Gesellschaft geschieht das nun einmal über Geld. (…)
SPIEGEL ONLINE: Also wollen Sie auch jene anlocken, die nach
Managergehältern Ausschau halten?
Vanderhoek: Nicht nur Manager. Wir haben zum Beispiel Bewerbungen
von Journalisten des "Wall Street Journal". (…) Einer unserer Lehrer
war vorher persönlicher Trainer des Basketball-Stars Kobe Bryant.
SPIEGEL ONLINE: Spielt denn der Promi-Faktor eine Rolle?
Vanderhoek: Nein, vor allem nicht für die Kinder. Sie interessieren
sich 30 Sekunden dafür und haben es dann schnell wieder vergessen. Du kannst so berühmt sein, wie du willst -
wenn du die Kinder nicht im Griff hast, tanzen sie dir schnell auf der Nase
herum.
SPIEGEL ONLINE: Und war der Promi-Trainer für Sie als
Aushängeschild wichtig?
Vanderhoek: Nein, überhaupt nicht. Joe Carbone (…) trainierte
Weltklasse-Athleten. Nun muss er lernen, sein Wissen an Fünftklässler
weiterzugeben. Das ist eine ganz schöne Umstellung.
SPIEGEL ONLINE: Sie suchen sich die besten Lehrer aus - aber wohin
führt das, wenn es nur eine begrenzte Zahl an wirklich guten gibt?
Vanderhoek: Wir wollen anderen Schulen ein Vorbild sein und sie dazu bringen, das gleiche zu machen. (…)
SPIEGEL ONLINE: Was ist Ihr Ziel?
Vanderhoek: Ich will aus dieser Schule eine richtig gute machen.
Ich will, dass wir ein Modell für andere werden (…). Das Ziel ist ein grundlegender Wandel des amerikanischen
Bildungssystems. Aber Wandel beginnt mit einer guten Ausnahme. (…) Das Konzept
muss die Menschen überzeugen.
(…)
SPIEGEL ONLINE: Was macht
denn einen guten Lehrer aus?
Vanderhoek: Er muss die Klasse im Griff haben, die Schüler fesseln.
Die richtigen Superstars schaffen es, dass 33 Kinder an ihren Lippen hängen.
Aber natürlich geht es letztlich um Ergebnisse. Wir messen die Lehrer daran, ob die Schüler besser werden.
SPIEGEL ONLINE: Aber es liegt doch nicht immer nur am Lehrer.
Vanderhoek: Ich glaube schon, dass es an ihm liegt. Die Kinder
haben meist nichts damit zu tun. Als ich Lehrer war, habe ich Kinder erlebt,
die in der dritten Stunde die reinsten Engel waren, in der vierten bei einem
anderen Lehrer aber völlig durchgedreht sind.
SPIEGEL ONLINE: Da verlangen Sie viel von Ihren Lehrern.
Vanderhoek: Ja, unsere Anforderungen sind hart. Die Lehrer haben
nur drei Wochen Sommerferien. (…) Damit sie nicht ausbrennen, sollen sie die
Schule alle fünf Jahre für ein Sabbatjahr verlassen. (…)
SPIEGEL ONLINE: (…) Woher bekommen Sie neue Lehrer?
Vanderhoek: Wir sind gerade dabei, sie auszusuchen. Insgesamt
hatten wir schon 750 Bewerbungen. Es sind hervorragende Bewerber darunter.
Deswegen können wir auch härtere Kriterien anlegen und uns die Besten aussuchen.
Das Interview führten S. Hardwig und K. Trotier